Das gute Leben hat eine Mutter: den guten Schlaf. Und der wiederum hat viele Freunde – auch Pflanzen. Freunde, die allerdings mit Bedacht ausgewählt werden sollten.
Pflanzen sind ein Traum. Wer sie liebt, träumt von ihnen. Am Tag, und manchmal vielleicht auch nachts. Doch lässt es sich auch mit Pflanzen gut träumen und wohlig in Morpheus’ Armen schlummern? Ist „grün“ auch im Schlaf gut? Gibt es sogar Gewächse, die in der Nacht Sauerstoff produzieren, wie immer wieder zu hören ist? Oder aber haben doch jene recht, die Pflanzen am liebsten aus allen Schlafzimmern verdammen wollen? Und zwar mit der Begründung, sie würden ihren Besitzern den Sauerstoff zum Atmen streitig machen?
Faktum ist: Wenn es dunkel wird und kein Licht mehr auf die grünen Blätter fällt, macht auch die Fotosynthese Pause – und mit ihr die Sauerstoffproduktion. Gleichzeitig läuft aber die Zellatmung in den Mitochondrien, den Kraftwerken der Pflanzenzellen, weiter. Und das macht unsere grünen Freunde in der Theorie tatsächlich zu Sauerstoff-Konkurrenten von Menschen, die nebenan in den Federn liegen. Die gute Nachricht: Das ist nur die halbe Wahrheit.
Säure für süße Träume
Viele Pflanzen tragen nämlich ein saures Geheimnis in sich. Ein Geheimnis, das heute selbst für viele Pflanzen-Profis noch immer Neuland darstellt. Und das, obwohl man ihm schon vor fast 200 Jahren erstmals auf die Spur gekommen war. Bereits anno 1813 hatte der deutsche Botaniker und Naturforscher Benjamin Heyne bemerkt, dass die Blätter der Goethe-Pflanze je nach Tageszeit unterschiedlich schmecken. Und zwar „am Morgen so sauer wie Sauerampfer, wenn nicht sogar saurer“, während sie im weiteren Tagesverlauf schließlich geschmacklos geworden waren.
Heute ist der entsprechende Mechanismus Insidern als so genannter Crassulaceen-Säurestoffwechsel bekannt und liefert eine gute Erklärung dafür, warum manche Gewächse im Schlafzimmer eben doch bessere Figur machen als andere. Der Trick dieser Traumtänzer: Gerade in der Nacht öffnen sie ihre Spaltöffnungen, nehmen ausgerechnet im Dunkeln Kohlendioxid aus der Luft auf und speichern es in Form von Äpfelsäure in ihren Zellorganen. Erst am kommenden Tag wird die Säure wieder zu Kohlendioxid umgewandelt, das dann für die Fotosynthese verwendet werden kann. Zugegeben: Die Auswirkungen des Effekts auf die Raumluft sind überschaubar. Und dennoch ist es ein gutes Gefühl, wenn gerade solche cleveren Luftverbesserer über gesunden Schlaf und schöne Träume wachen.
Natürliche Bett-Begleiter
Etwa sechs bis acht Prozent der Pflanzen sind zum beschriebenen CAM-Stoffwechsel (CAM steht für Crassulacean Acid Metabolism) fähig, wie der Grazer Pflanzenwissenschaftler Helmut Guttenberger bestätigt. Besonders Sukkulenten, also saftreiche Pflanzen mit viel wasserspeicherndem Gewebe, haben genug Platz für die Speicher-Säure und können so entsprechend mehr Kohlendioxid aus der Nachtluft ziehen. Speziell Dickblattgewächse wie die Schlangen-Fetthenne, aber auch der weit verbreitete Bogenhanf alias Schwiegermutterzunge, die Echte Aloe oder die guten alten Kakteen passen perfekt ins Schlafzimmer. Trotzdem: Die beste Sauerstoffquelle ist und bleibt regelmäßiges Lüften. Frei nach der Devise: Pflanzen rein, Fenster auf und Augen zu. (Servus in Stadt und Land)